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Pressemeldung vom 19.10.2012

Betreff: OB-Wahlkampf Stuttgart, 2. Wahlgang

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit gebe ich nochmals bekannt, dass ich zum 2. Wahlgang am 21.10.2012 zur Wahl des Stuttgarter Oberbürgermeisters antreten werde.

Dabei gehe ich davon aus, dass ich keine Stimmenmehrheit bekommen werde. Ich trete dennoch an, weil ich damit die Anliegen meiner Kandidatur, meine Themen und Positionen unterstreichen möchte. Und weil ich prinzipiell solchen Wählerinnen und Wählern eine Option bieten möchte, die nach Ihrer Überzeugung und nicht nach wahltaktischen oder wahlarithmetischen Aspekten wählen wollen. Ich halte das für wichtig, weil nur so zukünftig ein Wahlverhalten entstehen kann, bei dem auch Einzelkandidaten, sowie neue und kleine Gruppierungen gewählt werden. Würden wir immer nur das ?kleinere Übel? bzw. nach taktischen Gesichtspunkten wählen, hätte das Neue, hätten ein dringend nötiger grundsätzlicher Politikwechsel und neue demokratische Verfahren keine Chance.

Im Gegensatz dazu habe ich den Eindruck gewonnen, dass gegenwärtig die entscheidenden Faktoren bei Wahlen sind: Macht, Beeinflussung durch Amtsträger, Parteien, Geld und Medien und weniger die Inhalte.

Ich möchte mit dieser Pressemeldung aber auch die Gelegenheit nutzen um nochmals auf konkrete Themen einzugehen:

1. Es befremdet mich, dass bei diesen Wahlen die Hälfte der Kandidaten, die als "unwichtig" eingestuften, fast vollständig von den Medien ausgeblendet wurden. Das Demokratieprinzip erfordert nicht nur zu wählen, sondern ebenso eine ungefähr gleichwertige Publikation der wählbaren Optionen.
Das ist, zumindest bei einigen Kandidaten, nicht geschehen. Besonders die öffentlich-rechtlichen Medien hätten hier eine erhöhte Verantwortung.

2. Nach dem 1. Wahlgang wurde ich wiederholt aufgefordert, meine Kandidatur zurück zu ziehen und Fritz Kuhn zu empfehlen. Dem werde ich nicht entsprechen, weil Fritz Kuhn (und natürlich andere ebenso) für mich eine solche Politik vertritt, die ich bei meiner politischen Arbeit bekämpfe und ablehne:

- Bauen von S21, angeblich wegen der Volksabstimmung (Kuhn am 16.10.2012 in den STN: " .. .Die Bahn hat aber inzwischen das Baurecht und auch für mich gilt der Volksentscheid. Meine Aufgabe als OB ist, der Bahn richtig auf die Finger zu sehen, Transparenz herzustellen bei den Kosten, bei der Sicherheit und jetzt beim Brandschutz ... )"

- massive neoliberale Privatisierungsagenda, auch auf EU- und WTO-Ebene;

- Ausverkauf öffentlichen Eigentums;

- Teilnahme an Kriegen und verbotenen Angriffskriegen;

- Duldung von "Bürger zahlen für Spekulationsverluste der Banken"

- und letztlich seine Zustimmung zu den Gesetzen ESM/Fiskalpakt, die nach meiner Überzeugung einen Staatsstreich darstellen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Wähler selbst entscheiden sollten, was sie für richtig halten.

3. In den Medien wurde wiederholt moniert, "ein müder Wahlkampf gehe dem Ende entgegen". Das trifft dann zu, wenn Wahlkampf-Worthülsen permanent wiederholt werden. Und wenn gegen Ende die "Quiz-Anteile", "Salzstangen und Gummibärchen" zunehmen und schwerwiegende Themen bestenfalls angeschnitten, nicht aber ernsthaft diskutiert werden. Möglichkeiten für ernste Themen hätte es aber genügend gegeben. Um nur einige aufzuführen:

- Stuttgart 21. Nach heutigem Kenntnisstand ist der Tunnelbahnhof ein Rückbau, von mindestens 50 Zügen in der Spitzenstunde beim Kopfbahnhof auf ca. 32 Züge beim S21-Kellerbahnhof und damit ein Kapazitäts-Betrug zu astronomischen Kosten. Die Parteien, die sich selbst als die "Mitte" bezeichnen (Grüne/CDU/SPD/FDP/FW) und deren Kandidaten wiederholen gebetsmühlenartig, dass sie bauen, weil sie sich der Volksabstimmung beugen. Nur: Die Volksabstimmung legitimiert in keiner Weise einen Milliarden-Betrug und schafft auch für alle anderen Probleme (Brandschutz, GWM, Mischfinanzierung etc.) keinen Freibrief! Die Kandidaten wissen das und haben es dennoch verstanden, über Monate die Volksabstimmung als Blanko-Legitimation zu benutzen.
(siehe dazu angehängte Strafanzeige v. 17.10.2012).

- Stadtwerke. Die Parteien der "Mitte" wiederholen gebetsmühlenartig, dass sie für "100% kommunal seien", weil dies bei den Wählern gut ankommt. Gleichzeitig haben Sie aber im Stuttgarter Gemeinderat für eine europaweite Ausschreibung im Wettbewerb gestimmt, täuschen damit die Wähler und nehmen damit in Kauf, dass die Selbstverwaltungsgarantie, wie sie in Art. 28.2. GG als eine Säule unserer Verfassung festgeschrieben ist, unterlaufen wird. Die Kandidaten berufen sich dabei (fälschlicherweise) auf EU-Recht, benennen aber keine Quellen.

Da in Deutschland tausende Von Konzessionen in der nächsten Zeit auslaufen, hat der Streit "Selbstverwaltungsgarantie versus Ausschreibungspflicht" eine enorme Bedeutung, was den Kandidaten bekannt ist. Weil jedoch die Parteien der "Mitte" die Grundversorgung generell in einen neoliberalen Verwertungskreislauf (Privatisierung) zwingen wollen, nehmen sie die Täuschung in Kauf.

- Bezahlbarer Wohnraum. Die Kandidaten der "Mitte" werben eifrig mit "bezahlbarem Wohnraum", weil das beim Publikum gut ankommt. Gleichzeitig haben ihre Parteien aber kürzlich 21.500 ehemals öffentliche Wohnungen verkauft (LBBW-Wohnungen), verkaufen weiterhin bei jeder sich bietenden Gelegenheit öffentliches Eigentum und übereignen damit solche Wohnungen dem Wettbewerb. Hohe Mietpreise sind die Folge.

- Banken. Die Parteien der "Mitte" haben den Weg frei gemacht dafür, dass Banken (auch Landesbanken) mit hochriskanten "Produkten" spekulieren und der Schaden durch Zockerei in Milliardenhöhe vom Steuerzahler bezahlt werden muss. Die Kandidaten der "Mitte" haben es während des Wahlkampfs verstanden, das Thema geschickt auszublenden. Die Banken, so auch die Landesbank, zocken weiter. Und die Steuerzahler zahlen weiter.

- ESM und Fiskalpakt haben insofern etwas mit der OB-Wahl zu tun, als dass die Milliarden-Schulden und durch den ESM verursachte Krisen auf die Kommunen durchschlagen werden. Und weil hier besonders die Haltung der Kandidaten zu Verfassung und Rechtsstaat deutlich wird. Noch während des Wahlkampfs, im September 2012, wurde der ESM von den Parteien der "Mitte" in Bundestag und Bundesrat durchgewunken. Damit wird wirtschaftliches Handeln der ESM Banker im Milliardenbereich (neben ungezählten anderen Problemen) der rechtlichen Überprüfbarkeit entzogen (ESM-Vertrag) und bedeutet damit, so der Deutsche Richterbund, einen Ausstieg aus dem Rechtsstaat.
Weder die Parteien, die zugestimmt haben, noch deren Kandidaten haben offensichtlich ein Problem mit dieser Art von Staatsstreich und feiern sich noch als Krisen-Bekämpfer.
http://www.drb.de/cms/index.php?id=783&L=0&no_cache=1&sword_list(0)=esm

- EUCOM u. AFRICOM sind die in Stuttgart ansässigen Kommando-Zentralen für US-Kriege, NATO-Kriege und für den Einsatz von Atomwaffen in Europa. Das Thema war offensichtlich vollständig unerwünscht und wurde von allen Seiten vollständig ausgeblendet.

Diese Themen wären mit Sicherheit nicht langweilig gewesen und interessanter als Quiz-Spielchen, wenn man sie denn ernsthaft aufgegriffen und diskutiert hätte.

Mit freundlichen Grüßen, Jens Loewe

Anlagen:
Strafanzeige zu S21
Brief von Liane Anato, "dem Gewissen folgen?